Saalbau Waldorfschule Nürtingen

Mit einer Sonnenblume werden die Kinder an ihrem ersten Schultag von ihrem Klassenlehrer oder ihrer Klassenlehrerein in Empfang genommen. Sie begleiten und führen die Kinder durch die nächsten achte Schuljahre, begrüßen sie jeden Morgen zum Hauptunterricht und geben darüber hinaus auch den ein oder anderen Fachunterricht. In der Unterstufe, die die Klassen eins bis vier umfasst, steht ein stark bildhaft geprägter Unterricht im Mittelpunkt.

Nicht trockene und abstrakte Begriff, die die Kinder intellektuell ermüden, sondern lebensvolle Bilder, die die Phantasiekräfte der Kinder stärken, erhalten ihre gesunde Aufnahmefähigkeit. Die Erzählstoffe, aus denen sich diese Bilder entwickeln, sind in der ersten Klasse vor allem Märchen, in der zweiten Klasse Legende und Fabeln, in der dritten Klasse Texte aus dem Alten Testament und in der vierten Klasse die nordischen Götter- und Heldensagen.

Im Laufe der ersten Klasse werden alle Buchstaben eingeführt; erst werden sie geschrieben, dann wird das Selbstgeschriebene gelesen. In der zweiten Klasse wird das Lesen zielbewusster geübt und es wird ein Lesebuch eingeführt. So kommen die Kinder langsam und behutsam aus ihrer gegenständlichen Welt in eine Welt abstrakter Zeichen, der Übergang wird ihnen durch die Phantasiebilder leichtgemacht.

Neben dem Schreiben werden die Grundrechenarten eingeführt. Dabei werden die Zahlen als Teile einer Einheit betrachtet: Es wird ein Bort, eine Wegstrecke oder ein Königreich geteilt. Beim Teilen können die Kinder durch die vielen Variationsmöglichkeiten schöpferischer denken als beim festgelegten Addieren. Das Einüben von Zahlenreihen geschieht durch Bewegung (Schritte, Stampfen, Händeklatschen) und Rhythmus spielerisch und einprägsam zugleich. In der zweiten Klasse können die Kinder das ganze Einmaleins aus der Bewegung heraus vorsprechen.

Um das 9. Lebensjahr herum, also in der dritten oder vierten Klasse, tritt das Kind in ein neues Entwicklungsstadium ein. Neue Unterrichtsfächer wie Sachkunde, Heimatkunde und Tierkunde kommen der nun erwachten Fähigkeit der Beobachtung und der starken Lernbegierde entgegen und verbinden die Kinder jetzt verstärkt mit der Außenwelt. In der Heimatkunde werden die unmittelbare Umgebung, ihre Bebauung und ihre Geschichte besprochen. Die Kinder machen mit ihrem Klassenlehrer Ausflüge in die Innenstadt Nürtingens und erkunden zu Fuß den Turm der Stadtkirche oder das Stadtmuseum. Geschichten und Beobachtungen werden von den Kindern in Zeichnungen und Bildern festgehalten.

Der Hausbauepoche in der dritten Klasse geht eine Einführung in die Welt der Maßeinheiten voraus. Die Kinder erfahren, wie Längenmaße in alten Zeiten am Menschen selbst mit Elle und Fuß abgelesen wurden. Dann beginnen sie, in unseren heutigen abstrakten Maßen zu rechnen. Klassenzimmer, Kinderzimmer, Gärten und Schulwege werden ausgemessen, Längen, Flächen und Rauminhalte berechnet. Dieses Wissen wird in der Praxis erprobt, wenn die Klasse ein „richtiges“ Haus baut: Das kann beispielsweise ein gemauerter Stall für unsere Tiere oder ein Unterstellplatz für die Fahrräder des Kindergartens sein – jeder Klasse fallen neue Bauwerke ein, die mit Begeisterung und viel Einsatz errichtet werden und die die Kinder später immer an ihre Unterstufenzeit erinnern.